Menschen und Maschinen - Wollen, Haben und Haben-Wollen?
Bei Vorträgen zitiere ich gern ein Beispiel aus dem Buch "Die sieben Wege zur Effektivität" von Stephen Corvey. In dem Beispiel geht es um einen Mann, der mit seinen drei Kindern in einen Bus kommt und die Kinder mischeln den Bus mit Gezeter und Geschrei ordentlich auf, ohne dass der Mann dagegen etwas unternimmt.
Was niemand weiß ist, dass der Mann gerade ein Trauma erlebt hat (Verlust der Ehefrau) und es mit dem Wissen verständlich wird, dass er untätig die Kinder gewähren lässt, obwohl diese im Bus die Mitreisenden sehr stören.
Ich fasse das hier sehr schnell zusammen, da ich mir sicher in, dass ich diese Beispiel in einem früheren weekly smile schone einmal gebracht habe.
Das Beispiel dient mir immer als wunderbare Verdeutlichung, dass wir Menschen Situationen häufig viel zur früh werten. Wir meinen zu wissen, wie eine Situation ist, werten und sind nicht mehr wirklich offen für Informationen, die dieser Wertung widersprechen.
Seit gestern bin ich für ein paar Tage in Urlaub.
Gestern beim Frühstück habe ich einen interessanten Artikel in der Frankfurter gelesen, der zu genau diesem Thema perfekt passt.
In den letzten Wochen habe ich mich immer wieder gefragt, warum die Wut über den Mohammed-Film in der arabischen Welt nicht primär den Urheber, den Regisseur, die Schauspieler usw. trifft, sondern das ganze Land USA oder gar die ganze westliche Welt.
Ein kleiner Satz in dem Artikel hat mir die Augen geöffnet und meine ganze Bewertung der Situation auf den Kopf gestellt. Sinngemäß lautet dieser Satz:
"Die Menschen in Afghanistan können es sich überhaupt nicht vorstellen, dass man in Amerika so frei ist, dass man einfach so einen Film drehen kann. Sie denken, die Regierung muss da dahinter stecken."
In dem Artikeln geht es um einen Sprachvermittler (Übersetzer) in Afghanistan, der dort den ganzen Tag einen deutschen Offizier begleitet, der der Mentor eines afghanischen Kommandeurs ist.
Dieser Mann ist nicht nur Sprachvermittler, er hat oft auch alle Hände damit zu tun, kulturelle Missverständnisse der oben beschriebenen Art den Beteiligten bewusst zu machen und negative Folgen zu vermeiden.
Anderes Beispiel gefällig?
Während eines Einsatzes gingen ein paar deutsche Soldaten hinter eine Hecke zum Wasserlassen. An nichts denkend wollten sie starten und der Sprachvermittler konnte gerade noch rechtzeitig verhindern, dass die Soldaten ihr Geschäft in Richtung Westen verrichteten.
Muslime würden das als bewusste Respektlosigkeit betrachten.
In ihren Augen MUSS das klar sein und es MUSS persönlich gemeint sein!
Ein Deutscher weiß das nur, wenn er kulturell dazu geschult wurde.
Zurück zu dem Satz von vorhin:
"Die Menschen in Afghanistan können es sich überhaupt nicht vorstellen, dass man in Amerika so frei ist, dass man einfach so einen Film drehen kann."
Ist uns überhaupt noch bewusst, in war für einem phantastischen Land wir leben?
Wir können so unglaublich viel tun, ohne jemanden fragen zu müssen. Wir genießen einen so unglaublich hohen Freiheitsgrad, wie kaum irgendwo auf dieser Welt.
Ist uns das bewusst? So viele Menschen in diesem Land schimpfen über die Gesetze, über den Staat, die Regierung und und und.
Sie sehen nicht das große Ganze.
Wie sollen sie auch.
So viele Dinge sind wunderbar geregelt.
So schön das ist, es bedeutet, dass diese Dinge in der Wahrnehmung der Menschen gesetzt sind.
So wird es nicht (mehr) gewertschätzt.
Es ist ja auch kein Handlungsbedarf.
Menschen tendieren dazu, die Dinge auf dem Schirm zu haben, die einer Handlung bedürfen.
Bewusst wird Vieles erst dann, wenn man es aus irgend einem Grund plötzlich nicht mehr hat.
Zu beobachten ist das manchmal auch bei Paaren.
Eine Beziehung geht auseinander, weil mindestens ein Partner mit den Marotten des Anderen nicht mehr klar kommen will. Irgendwann läuft das Fass einfach über.
Oft ist es dann so, dass dieser Partner sich einem anderen sucht, der genau diese "Fehler" nicht hat, der so "wunderbar anders ist".
Nur selten ist nach meiner Beobachtung diese neue Beziehung dann ihrerseits von Dauer.
Oft ist es so, dass man merkt, dass an dem alten Partner doch nicht alles so schlecht war.
Man fängt an, Dinge zu vermissen, die man mal hatte, die man aber nicht mehr als wichtig eingestuft hat. Und zum Schluss findet man ein Partner, der ein wenig vom einen und ein wenig vom anderen Ex hat.
Liebe smiler,
es liegt in der Natur des Menschen, die Dinge haben zu wollen, die man nicht hat.
Es liegt in der Natur des Menschen, Dinge, die man hat, im Schnitt weniger zu wertschätzen.
Machen wir uns doch ab und zu mal die für uns selbstverständlichen Dinge bewusst.
Sie würden uns so oft fehlen, wenn sie nicht mehr da wären.
Sie sind es oft, die unsere Lebensqualität ausmachen, ohne dass wir es merken.
Das muss so sein, denn sonst würden wir sie nicht in unserem Leben dauerhaft dulden...