Respektlosigkeit kann heutzutage leicht zur Gewohnheit werden....
Folgende Situation kennen Sie in der einen oder anderen Variante ziemlich sicher:
Sie unterhalten sich mit jemandem. Einem Kunden, einem Kollegen, einem Freund, wem auch immer. Irgendwann klingelt das Handy Ihres Gegenübers. Mit bedauernder Miene erklärt Ihnen Ihr Gerade-noch-Gesprächspartner, dass er um Entschuldigung bittet. Dann klickt Ihr Ex-Gesprächspartner auf den Annahmeknopf seines Handys und Sie haben unverhofft, aber immer öfter, plötzlich Zeit für sich...
Hm: "Ist ja prima", denken Sie sich. Was mache ich denn jetzt mit dem angebrochenen Nachmittag?
Fange ich selbst in der Zeit an, etwas sinnvolles zu tun, bin ich im doppelten Dilemma:
Erstens habe ich ein schlechtes Gewissen, da ich es überhaupt nicht leiden kann, wenn jemand telefoniert, wenn ich eigentlich zum Gespräch verabredet bin. Da will man das ja selbst nun weiß Gott nicht auch tun.
Zweitens besteht die latente Gefahr, dass meine neue Beschäftigung länger braucht, als die derzeitige Tätigkeit meines Gegenübers. Damit würde der sich - weil ich ja nicht verfügbar bin - wieder etwas Neues vornehmen und so kommen wir nie mehr mit Bewusstsein zueinander.
Im Kleinen kennt man das auch, wenn jemand einen flüchtigen Blick auf sein Handy wirft, wenn eine SMS eingeht. Mag sein, dass der Mensch dadurch nur kurz abgelenkt ist, aber meist merkt man dem Anderen danach durchaus noch längere Zeit eine Zerstreutheit an und zusätzlich bleibt immer dieses doofe Gefühl, dass ich es nicht wert war, dass der Mensch sich auf mich, oder wenigstens auf die Inhalte unseres Gesprächs konzentriert.
Es heißt ja, dass ein Leben mit den Menschen besonders wertvoll sein soll, mit denen man auch gut schweigen kann. Ok, aber gilt das auch für Menschen, die gut parallel - aber gar nicht miteinander - telefonieren können?
Die Antwort dürfte so klar wie die Sonne sein.
Woher kommt das denn, dass Respektlosigkeiten dieser Couleur immer häufiger zu beobachten sind und fast schon beginnen, salonfähig zu werden?
Idee 1: Die Sucht nach Effizienz
Jeden Tag prasseln - zumindest im Job - ein klein wenig mehr Impulse pro Minute auf mich ein, als am Tag davor. Die logische Konsequenz daraus ist, dass ich jeden Tag versuche, mich selbst ein klein wenig besser zu organisieren, damit ich der Menge der kleinen Katastrophen noch Herr werde.
Ich selbst organisiere mich dabei gerne blockweise, d.h. es gibt bei mir Zeiten, da beantworte ich E-Mails, dann gibt es Zeiten, in denen telefoniere ich viel und Zeiten, in denen ich Konzepte schreibe, Werbung konzipiere oder (am Liebsten :-) weekly smiles schreibe.
Sehr ungern lasse ich mich jeweils unterbrechen, denn es passiert mir sonst viel zu oft, dass ich einen offenen Vorgang zugunsten einer Unterbrechung "kurz" liegen lasse, das Neue beginne, hier kommt wieder etwas zwischenrein, und wieder etwas.... Und so fallen mir Dinge hinten runter, die ich dann schlicht vergesse, weil ich sie nicht zu Ende geführt hatte, und die ich mir - da ich die Bearbeitung ja schon begonnen hatte - auch nicht auf WV gelegt habe.
Ziemlich saudumm gelaufen.
Ich bin hier aber nicht zwangsläufig wie viele andere Menschen.
Ich beobachte sehr wohl, dass viele Menschen keine Sekunde still sitzen und nichts tun können. Vor noch wenigen Jahren konnte man im Auto an einer roten Ampel stehend prima flirten mit den Damen links oder rechts von mir. Da macht sich heute bei beiden Geschlechtern hormoneller Notstand breit, denn heute starren immer mehr an der Ampel in ihre Handys, auch wenn das eigentlich nur mit abgeschaltetem Motor erlaubt ist.
Ich weiß, böse Zungen behaupten an der Stelle, dass es auch daran liegen könnte, dass ich nicht mehr 35 bin... :-)
Zum Ernst zurück. Menschen haben immer mehr den Hang dazu, sich permanent zu beschäftigen.
Nichts tun ist ihnen auch für kurze Zeiteinheiten unangenehm. Eine Fahrt im Aufzug wird zur Geduldsprobe, wenn er Akku vom Handy leer ist.
Idee 2: Die Sucht nach Information
Ich gebe es zu, ich bin selbst davon betroffen. Ich weiß, dass das nicht gut ist, aber wenn ich früh aufstehe, dann gehe ich als erstes zum iPhone, das sich über Nacht brav mit Elektronen versorgt hat, um zu sehen, was sich an E-Mails über Nacht auf mein Display gezaubert hat. Meine Neugierde ist da stark. Aber es ist nicht nur Neugierde, es ist auch Gewohnheit, wie so vieles im Leben.
Idee 3: Die Sucht nach "sucht"
Ich vertrete ja die These, dass viele Worte eine Doppelbedeutung in sich haben. So auch das Wort Sucht. Sucht ist für mich auch eine Suche nach irgend etwas. Beim Raucher, die Suche nach der Entspannung, beim Alkoholiker die Suche nach Glück, Vergessen oder Ruhe und beim Handy-Junkie die Suche nach der Befriedigung der Neugierde, die sich ja doch nie endgültig einstellen wird.
Ergebnis 123:
Ja, die Zeiten ändern sich rasant.
Ja, ich bin vielleicht schon ein alter Dinosaurier, der den Meteor bereits erwartet und sich dennoch eine vielleicht altmodische (?) Einstellung leistet.
Ja, aus Prinzip modern zu sein ist sowieso nicht meine Königsdisziplin, da ich mit Moden seltenst (bewusst) mitgehe. Ich weiß dazu viel zu genau, was ich will und vor allem, was ich nicht will.
Dennoch oder gerade deswegen:
Ich kann solche Respektlosigkeiten nicht ab. Ich kann sie tolerieren. Damit meine ich, dass ich jeden Menschen gerne für sich so sein lasse, wie er sein möchte. Nur meine Bereitschaft, mich mit diesem Menschen dann erneut zu unterhalten, wird dadurch nicht gefördert. Ich kann und mag es nicht akzeptieren, wenn ein Mensch seine Effizienz auf Kosten meiner Ineffizienz erhöht. Da kann er sich die Entschuldigung dafür dann auch sparen.
Liebe smiler:
Lassen wir es nicht zu, dass wir uns nicht mehr richtig konzentrieren auf die Dinge, die wir tun. Denn was wir konzentriert tun, wird besser! Und befriedigt viel, viel mehr!
Lassen wir es nicht zu, dass wir im Sekundentakt von Tick nach Tack springen und nichts mehr genießen in unserem Leben, weil es keine Tiefe mehr gibt.
Lassen wir es nicht zu, dass wir respektlos nebeneinander kommunizieren statt miteinander.
Der Text auf dem Bild oben bringt es auf den Punkt.
Wiederholen wir ihn für uns zum Abschluss:
Putting your phone away & paying attention to those, talking to you? There´s an App for that,
it´s called RESPECT!
smilige Grüße schickt Ihnen
Cemal Osmanovic
Geschäftsführer